«Dark Patterns»: Mit welchen Strategien wir online manipuliert werden
- Franziska Oehmer-Pedrazzi
- 2. Apr.
- 3 Min. Lesezeit
Autor:innen: Franziska Oehmer-Pedrazzi & Stefano Pedrazzi

In der digitalen Welt begegnen uns zunehmend Designstrategien, die uns zu Handlungen verleiten sollen – ohne dass wir uns dessen bewusst sind. Diese manipulativen Taktiken, die unter dem Begriff „Dark Patterns“ bekannt sind, zielen darauf ab, unser Verhalten zu beeinflussen, meist zu Gunsten von kommerziellen Anbietern, aber oft gegen unsere eigenen Interessen. Ob beim Online-Shopping, auf Social-Media-Plattformen oder bei der Anmeldung für Dienste – Dark Patterns sind allgegenwärtig. Was genau verbirgt sich hinter diesen Techniken, und wie können wir uns davor schützen?
Was sind Dark Patterns?
Der Begriff „Dark Patterns“ wurde erstmals 2010 von Harry Brignull geprägt. Er beschreibt damit Benutzeroberflächen, die gezielt so gestaltet sind, dass sie Nutzende zu ungewollten Aktionen bewegen. Ziel ist es, den Umsatz zu steigern, aber auch die Bereitschaft der Nutzenden zu erhöhen, persönliche Daten preiszugeben oder mehr Zeit auf einer Plattform zu verbringen. Die manipulativen Mechanismen von Dark Patterns sind keineswegs auf den digitalen Raum beschränkt: Sie finden sich ebenso in analogen Kontexten, wie etwa der gezielten Anordnung von Produkten in Supermarktregalen oder dem absichtlichen Einsatz von Düften – wie dem verlockenden Geruch frischer Backwaren – als Kaufanreiz. Das digitale Umfeld bietet jedoch ein besonders geeignetes „Ökosystem“ für die Entwicklung und Erprobung solcher Beeinflussungsstrategien. In der digitalen Welt lassen sich Entscheidungsstrukturen nicht nur nahezu unbegrenzt anpassen, sondern auch schnell und kostengünstig verändern.
Typen von Dark Patterns
Es gibt viele verschiedene Formen von Dark Patterns, die jeweils auf unterschiedliche psychologische Mechanismen abzielen. Zu den bekanntesten gehören:
Irreführung (Misdirection): Die Aufmerksamkeit der Nutzenden wird gezielt von wichtigen Informationen abgelenkt, um sie zu Entscheidungen zu verleiten, die sie nicht beabsichtigt haben.
Schabenfalle (Roach Motel): Nutzende werden in eine Situation geführt, in der sie beispielsweise mit wenig Aufwand ein Abonnement abschliessen können. Die Gestaltung der Benutzeroberfläche erschwert jedoch erheblich die spätere Kündigung.
Erzwungene Kontinuität (Forced Continuity): Nach einer kostenlosen Testphase wird das Abo automatisch in eine kostenpflichtige Mitgliedschaft umgewandelt, ohne dass der Nutzende darüber rechtzeitig informiert wird.
Versteckte Kosten (Hidden Costs): Zusatzgebühren werden erst am Ende des Kaufprozesses sichtbar, sodass der Nutzende bereits eine Kaufentscheidung getroffen hat, bevor er diese zusätzlichen Kosten sieht.
Bestätigungsbeschämung (Confirmshaming): Nutzende werden mit emotional aufgeladenen oder schuldinduzierenden Formulierungen konfrontiert, wie etwa „Nein danke, ich möchte kein besseres Angebot erhalten“, um sie dazu zu bewegen, das Angebot anzunehmen.
Die Auswirkungen von Dark Patterns
Die Auswirkungen dieser manipulativen Praktiken sind weitreichend. Zunächst einmal kann das Vertrauen der Nutzenden erheblich leiden. Wer sich durch Dark Patterns hinters Licht geführt fühlt, Geld verliert oder sensible Informationen unbewusst teilt, wird vermutlich nicht erneut diesen Anbieter nutzen. Auf lange Sicht schaden solche Praktiken dem Ruf von Unternehmen und auch ganzen Branchen.
Die rechtliche Situation in der Schweiz
Anders als in der EU können Dark Patterns in der Schweiz nicht durch eine spezifische Norm sanktioniert werden. Sie fallen unter das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), das vor unlauteren Geschäftspraktiken schützt. Allerdings gibt es zunehmend Diskussionen darüber, ob besonders betrügerische oder irreführende Dark Patterns als Betrug oder arglistige Täuschung gewertet werden könnten. Der Bundesrat hat 2024 einen Bericht veröffentlicht, in dem er die Verwendung von Dark Patterns dokumentiert und die Notwendigkeit von weiteren rechtlichen Anpassungen zur Bekämpfung dieses Phänomens diskutiert. Zwar erkennt der Bundesrat derzeit noch keinen unmittelbaren Handlungsbedarf, er betont jedoch, dass man die Entwicklungen in anderen Ländern und auf EU-Ebene genau beobachten werde.
Schutz durch Aufklärung
Der Schlüssel zur Bekämpfung von Dark Patterns liegt in der Aufklärung und Sensibilisierung der Nutzenden. Wenn wir uns der Manipulationen bewusst sind, können wir ihnen besser aus dem Weg gehen. Unternehmen, die weiterhin auf diese Taktiken setzen, riskieren nicht nur das Vertrauen der Verbraucher:innen, sondern auch rechtliche Konsequenzen.
Quellen
Brignull, H. (2010). Dark patterns. https://darkpatterns.org/.
Bundesrat (2024). Dark Patterns. Das Unbekannte dokumentieren. Bericht des Bundesrates.
Martini, M., Drews, C., Seeliger, P., & Weinzierl, Q. (2021). Dark patterns. Phänomenologie und Antworten der Rechtsordnung. Zs. für Digitalisierung und Recht, 1(2021), 47-7.
OECD (2022). Dark commercial patterns. OECD Digital Economy Papers, No. 336.
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